Gibt es Auch als Podcast
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Altwerden an sich ist gewiss auch schön. Auf die Frage, ob ich nochmals 25 sein möchte, muss ich eher mit nein, sicher nicht antworten. Ich denke dabei an dem Zeitalter mit Studium, die Erwartungshaltung, Beziehungen, Anstrengungen und natürlich auch von der Ungewissheit – wie wird mein Leben werden. Ich habe mein Leben immer als anstrengend und aufregend erlebt. Mein Wesen war getrieben, voller Neugierde und Ungewissheit. Große Gedanken, was aus mir werden würde, spielten dabei keine Rolle. Ich lebte exponiert, meistens am Limit meiner Belastbarkeit in den Tag hinein. Ich dachte mir, dass ich irgendwie schon durchkommen würde, mein Leben meistern würde und alles würde gut werden. Einen Plan für meine Zukunft hatte ich kaum. Ich behauptete fest und steif, dass ich das nicht bräuchte. Dabei bemerkte ich, dass die meisten meiner Freunde und Bekannten durchaus eine Vorstellung hatten, wie sie ihr Leben gestalten wollten. Sie waren geerdet, hatten eine Basis, auf der sie standen, planen und handeln konnten. Das blieb mir verwehrt. Ich schwebte in der Luft, lehnte die Tatsache ab, dass es eine Schwerkraft gab, die auch mich zwang auf den Boden zu bleiben. Es kostete mich viel Kraft, diese Tatsache zu verdrängen und so entwickelte ich eine unbändige Energie der Realität zu entfliehen. Das gelang mir gut. Ich war ein wurzelloses Wesen, vogelfrei, jedoch ohne echten Flügel. Es gibt nicht viele Flügellose Vögel, die auch wirklich fliegen können. Der Spruch, Schuster bleib bei deinen Leisten, war mir ein Graus. Ich wollte alles ausprobieren, alles verstehen und alles können. Gab es Hindernisse, dann ignorierte ich diese. Das galt nicht nur für Taten, das galt auch für Gefühle.
Aber kommen wir zu einer wirklich wichtigen Ebene des Älterwerden. Der Körper. Erst gestern sprach ich mit meinem Bruder, der fünf Jahre jünger als ich ist, über das Rennradfahren. Wir wohnten damals in einer Gegend, die recht hügelig war. Die Allgäuer Gegend ist für Radfahrer taff, denn du hast kaum eine längere Strecke ohne solche Mörderanstiege mit 6-12% Steigung, die sich ewig hinziehen. Damals fuhren wir meistens keine langen Strecken, eher so zwischen 40 bis 60 km. Alles was im Schnitt unter 32km/h lag, ging gar nicht, immer Vollgas. Der Puls war sicher so bei 200, die Muskeln brannten durchgehend und kaum ging es bergab wurde erst recht gepowert. Das ging damals, nein das war damals ein Muss. Heute sieht die Sache ganz anders aus. Ich bin froh eine Frau zu haben, die fast 20 Jahre jünger und auch sehr sportlich ist. Das motiviert mich, mich auch richtig anzustrengen. Vielleicht sollte ich weniger von Motivation, sondern eher von Zwang reden – es bleibt mir nichts anderes übrig als mich anzustrengen, wenn ich mitkommen will. Ein dreißiger-Schnitt wäre für mich nur noch im Windschatten bei wenigen Steigungen möglich. Was aber der größte Unterschied zu früher ist, ist die Regenerationszeit. Während meine Liebste nach einem 80km Ritt noch recht fit ist, bin ich komplett erledigt. Wer glaubt das es alles ist was sich im Alter ändert, der täuscht sich gewaltig. Das frustrierende ist, dass man ständig und viel was tun muss, um fit zu bleiben. Sobald du aufhörst zu trainieren, baust du mit einen affenartigen Megazahn ab. Ob das das Einzige ist, was schneller geht als in der Jugend? Nein, leider nicht. Es gibt einige wirklich fiese, ja unaufhaltsame Altersphänomene. Bauchfett und Muskelschwund. Das geht so schnell, dass du richtig dabei zuschauen kannst. Ist das nicht gemein?
Mein Fazit
Ja, altwerden ist mühsam. Ich verstehe jede und jeden der sich im Alter gehen lässt. Ich verstehe auch, wenn meine Zeitgenossen und Genossinnen sich E-Bikes zulegen und mit über 20 km/h die Steigungen überwinden und sich dabei jung und vital vorkommen. Das Bäuchlein und die dünnen Beinchen kann man ja durch adäquate Kleidung verbergen. Klar, spätestens, wenn man dann im Krankenhaus landet, weil man sich maßlos übernommen hat, muss man sich fragen, ob das gescheit war. Vielleicht landet man auch im Leichenhaus und schafft das, was man in der wilden Jugend, trotz großer Unvorsicht, nicht geschafft hat. Apropos E-Bikes, die Teile sind ja gewaltig groß. Mit 28-Zoll Rädern, riesen Batterien im Rahmen untergebracht sehen die Monsterräder richtig angsteinflößend aus. Erst kürzlich kam uns eine ältere Dame entgegen – ich schätze so in meinem Alter 🙂 , nur doppelt so breit – und schimpfte wir ein Rohrspatz, weil sie der Meinung war, sie hätte mit ihrem Mordgefährt eine eingebaute Vorfahrt erworben. Ich bin wirklich so froh meine liebe, sportliche, junge und attraktive Frau zu haben. In solchen Fällen schau ich sie mir an und bin ewig dankbar. Wäre es nicht so, würde ich die nervige Kuh zur Schnecke machen. Stattdessen schmunzele ich in mich hinein und freue mich auf die Anstrengung, die mir noch bevorsteht. Ich will kein alter, verbitterter Nörgler sein; auch dann nicht, weil es wirklich mühsam ist, alt zu werden.
Daher verbringe ich viel Zeit mit Bewegung. Abwechslung ist auch hilfreich. Radfahren, Skaten, Skirollern, Wandern, Bergsteigen, Laufen und nicht zu vergessen mit Kräftigungs- und Koordinationsübungen. Natürlich darf die Regeneration nicht zu kurz kommen. Dann kommt noch eine weitere Zutat zum Programm; ich lasse meine Frau auch mal alleine losziehen 🙂 Das tut uns beiden auch gut.