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Der Störsender

Wie ich vor gut 50 Jahren einen Störsender baute und was mir heute angst macht.

Als wir in Boston mal etwas Zeit für uns fanden, lud mich meine Traumfrau ins Kino ein. Wir haben uns auf the current war geeinigt. Es geht um die Geschichte von Edison(dem Erfinder der Glühbirne, des Grammophons und vieles mehr) im Kampf um die Stromversorgung in den USA. Da Cumberbatch  den Edison gespielt hat, war meine Traumfrau begeistert, ich eher wegen der Geschichte. Die vielen Charaktere dieser Zeit reizten mich. Die Geschichte an sich war mir sehr wohl bekannt. Während Edison auf den Gleichstrom bestand, was technisch ein absoluter Schwachsinn ist, war der Großindustrielle Westinghouse auf dem richtigen Weg ein Netz aus Wechselstrom aufzubauen. Zwischen Beiden entstand ein erbitterter Kampf um die Vorherrschaft. Es ging dann weniger um Vernunft, sondern viel mehr um Rechthaberei. Das Ergebnis war wie immer in solchen Fällen verheerend. Am Schluß hat sich der Wechselstrom durchgesetzt, wie überall auf der Welt. Was mir am Film gut gefallen hat, ist das Nikola Tesla auch vorkam. Für mein Geschmack etwas zu wenig, denn der Bursche war wirklich durchgeknallt. Ich glaube daher hat der Elon Musk den als Namensgeber für seine Autos als gewählt. Da haben beide etwas gemeinsames.

Wie auch immer, der Film hat mich irgendwie zurück in meine Kindheit versetzt. Da habe ich nämlich mit elektronischen Bauteilen, Drähten und Lötkolben tagelang herumexperimentiert. Ich wollte nicht nur Verstärker und Radioempfänger bauen, sondern auch Sender! Das war zu jener Zeit streng verboten. Es war also Abendteuer pur. Da es kein Internet um funktionierende Fertigprodukte zu bestellen gab, sondern nur Bücher und Zeitschriften, habe ich lange gesucht um fündig zu werden. Es war sehr einfach. Ein Hochfrequenz-Transistor (OC44 ein uralter Germaniumtransistor, heutzutage nimmt man einen BC547C), zwei Widerstände, ein Draht um den Bleistift 3-4 mal gewickelt diente als Spule, 3 Kondensatoren  und eine 12 V Batterie. Es hat funktioniert und ich habe nicht nur mein Vater damit genervt 😉 Die Schaltung kann ich gut 50 Jahre später immer noch auswendig. Was für eine abenteuerliche Zeit.

Ich vermisse all diese Erfahrungen meiner Kindheit. Wir waren voller Träume und Erwartungen. Wir hatten diesen Erfindergeist in uns. Heute ist schon alles erfunden, im Internet als kompakt fix und fertig zugänglich. Keine verbrannten Finger vom Löten, keine Teile die explodieren, keine Rückschläge und keine Tüftelei. Dafür sind die Kids perfekt im Umgang mit hochentwickelten Spielen, Airdrops, Mobiles etc. Vielleicht haben sie ähnliche Gefühle wie ich sie damals hatte. Es gibt noch so viel zu erkunden!!! Mir macht die heutige Zeit angst. Versteht jemand noch ein Schwingkreis? Versteht jemand noch die Umwandlung von Energieformen die eine Schwingung erzeugen. Versteht jemand noch warum und wie daraus eine elektromagnetische Welle wird? Versteht jemand noch wie man darauf eine Modulation erzeugen kann? Tesla war einer der ersten Genies, die sich damit auseinandergesetzt haben. Er war so durchgeknallt, dass er das nicht zu Ende geführt hat. Er war besessen die Weltenergie zu finden und diese weltweit im Raum zu transportieren. Dan kam Marconi und erfand das, was Tesla nicht weiter verfolgte; das Radio. Ende 1901 gelang die erste transatlantische Radioübertragung. Das ist erst 118 Jahre her. Und was gibt es heute? Wir lachen darüber. Das gibt mir sehr zu bedenken. Heute gibt es soviel Technik, die keine Sau mehr überblicken, geschweige denn verstehen kann. Sie baut auf verlorenes Wissen auf und genau das macht mir große Angst. Wir bekommen nicht die Zeit, die wir zur Verarbeitung unserer Errungenschaften brauchen. Wir sind einfach Konsumenten, die stumpf und kritiklos alles in isch hineinfressen. Die Mächtigen werden mächtiger, die ummächtigen abhängiger oder doch einfach nur unwissender. Vielleicht sollten wir Alten der Jugend einen Weg finden, unsere Geschichten plausibel zu erzählen, am besten mit Hilfe von digitalen Kanälen. Wir hatten die Zeit und die Möglichkeit um dieses Grundlagenwissen lernen zu dürfen. Das gilt für die heutige Jugend kaum, denn auf sie warten ganz andere Herausforderungen. Gan ehrlich, ich finde  das sehr schade und für niemanden gut.

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