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Die Fremdsprachen und die Fähigkeit zu Denken

Gibt es auch als Podcast

In der heutigen Zeit ist es außer in den englisch-sprechenden Ländern unerlässlich, dass Menschen außer der Muttersprache noch weitere Sprachen beherrschen. In der Regel ist Englisch ein Muss. Das gilt aber wie gesagt nur für Menschen außerhalb der englisch-sprechenden Länder. Blödsinn, nein, so ist das nicht. In weiten Teilen Südamerikas ist es genauso. Die sprechen nur Spanisch oder in Brasilien Portugiesisch. Aus solchen Ländern kenne ich kaum jemand, der sich bemüht eine Fremdsprache zu erlernen. Erstaunlicherweise sind die länderspezifischen Eigenschaften der gemeinsamen englischen Sprache so unterschiedlich, dass es zu gegenseitigen empfindlichen Missverständnissen in der Kommunikation, trotz gemeinsamer Muttersprache, kommt. Auch exakt jene Mitmenschen sparen nicht mit Kritik gegenüber bemühte „Fremde“, wenn sie Fehler bei ihren Bemühungen machen. Für mich stellen sich zwei entscheidende Fragen. Sind Menschen, die mehr als ihre Muttersprache beherrschen fähiger und müssen sie die Fremdsprache perfekt beherrschen?

Die erste Frage ist einfach zu beantworten. Eindeutig ja, denn jeder der in der Lage ist in mehreren Sprachen zu denken, überdenkt die Inhalte tiefgründiger und globaler. Aufgaben und Herausforderungen werden automatisch aus verschiedenen Perspektiven betrachtet. Die zweite Frage ist viel komplexer. Da Wörter in der Muttersprache mit einem ganz bestimmten Kontext und einer emotionalen Botschaft verknüpft sind, denken wir beim täglichen Gebrauch nicht darüber nach, wie wir unsere Sätze aufbauen. Das wäre viel zu anstrengend und aufwendig. Anders ist es bei der Fremdsprache. Da müssen wir jedes Wort, jeden Satz minuziös auswählen. Wir müssen Wörter einen Kontext und einer emotionalen Botschaft zuweisen. Das zwingt uns die Bedeutung der Wörter aus unserer Muttersprache genauer zu hinterfragen, denn wir müssen übersetzten! Sind wir gute Menschen, dann werden wir sogar durch unsere vermeintliche Schwäche unsere Mitarbeiter zwingen, sich genauer und nachhaltiger mit dem was wir sagen auseinanderzusetzten. Warum das so ist, ist logisch. Wir bilden neue, ungewohnte Sätze, die nicht in das gewohnte Verständnismuster der Muttersprache passen. Mit unserem schlechten Englisch zwingen wir euch eine Fremdsprache innerhalb eurer eigenen Muttersprache zu lernen. Ihr müsst nämlich eure Worte im Satzgebilde auf den Kontext in der Aussage samt emotionaler Botschaft hinterfragen, um uns zu verstehen. So nach dem Motto: „spinnt der Chef oder die Chefin, wollen die mich verarschen, oder verstehe ich sie einfach falsch.“ Ich weiß, dass mögt ihr überhaupt nicht, weil es lästig und anstrengend ist! Aber glaubt mir, es ist zu Eurem Besten. Übrigens, die meisten Bosse in großen internationalen Konzernen sprechen nicht perfekt Englisch.

Ich bin zweisprachig aufgewachsen. Das bedeutet, dass ich weder die eine noch die andere Sprache perfekt beherrsche, dafür beide muttersprachlich gut. Nach wie vor Träume und rechne ich auf Spanisch. Fluchen tue ich je nach Anlass, manchmal sogar kombiniert. Viele Gedanken spielen sich im Unbewussten als Kombination zweier Sprachen ab. Da meine Liebste Frau mehrfach auf englisch kommuniziert, schleicht sich eine dritte Sprache hinter meinem Rücken in meine Seele hinein. Ganz subtil und unaufhaltsam, nimmt sie von mir Besitz, belegt meine Synapsen und bring Unruhe in meinem Sprachrepertoire. OK, ich lese viel Englisch und manchmal lässt es sich nicht vermeiden, dass mein Mund sich auf englisch zu Wort meldet. Das ist nicht weiter schlimm sag ich mir, aber es ärgert mich schon. Warum bemühen sich so wenig Menschen meine Sprachen zu lernen? Doch dann besinne ich mich schnell und korrigiere diese Vorurteile. Viele Slowenen sprechen deutsch. Holländer auch. Nur die Franzosen sind stur, aber das ist wohl geschichtlich bedingt. Habt ihr schon Franzosen englisch sprechen hören? Grausam, fast so schlimm wie eingefleischte Hessen oder Nordrhein-Westfaler oder Schwaben, oder… na gut lassen wir es lieber. Ich sage euch, die Chilenen, meine Landsleute, die sind echt katastrophal, wenn es darum geht andere Sprachen als spanisch zu sprechen. Meine Kinder und viele Jugendliche sprechen ausgezeichnet Englisch, manchmal Spanisch oder auch Französisch. Es hat sich viel getan, was das anbelangt. Aber worauf wollte ich eigentlich mit meinem Beitrag hinweisen? Ach ja, dass ich es zum Kotzen finde, wenn mir jemand vorwirft, ich würde die falschen Worte wählen, verletzend sein, frauenfeindlich sein, weil ich den ganzen Gendermist ablehne, weil ich der Bedeutung der Worte nicht die notwendige Macht zuordne, weil ich einfach das sage was ich meine – unverblümt, direkt und ehrlich. Nicht die Sprache verändert die Welt, sondern die Menschen, die sie verwenden, die sie bewusst falsch interpretieren, die sie so verdrehen, bis sie ihren Komplexen gerecht werden. Wer mehrere Sprachen spricht, der weiß es eher – es geht darum den Inhalt der Worte mit der Absicht des Senders zu synchronisieren und nicht um persönliche Befindlichkeiten und Verletzungen mit weiteren Beweisen für Ungerechtigkeiten zu missbrauchen. Ich würde sehr dankbar sein, wenn meine Mitmenschen mich dann kritisieren, wenn ich sie tatsächlich beleidige; was schon mal vorkommt. Aber bitte hört auf mich und andere für eine falsche Wortwahl anzuprangern, einzufordern, dass die gesamte Literatur auf eine adäquate Sprache umgeschrieben wird und auf weiteren Unfug zu bestehen. Das wird eure Verletzungen nicht heilen und schon gar nicht die Weltordnung entscheidend prägen. Es sind die Taten, die das bewerkstelligen, also unser Verhalten. Was meine ich damit? Ganz einfach. Weg von den stereotypen Sprachdeutungen zu der eigentlichen Realität. Der Unterschied zwischen Mann und Frau ist das Geschlecht. Beide sind gleichwertig. Wenn das so nicht ist, dann müssen wir es ändern. Nicht indem wir an der Sprache rumpfuschen, sondern indem wir an uns selbst rumpfuschen! Wir müssen uns ändern, dann wird die Sprache schon nachziehen. Endlich kapiert? Nein? Na, dann ist Hopfen und Malz verloren… äh ich meine Höpfin und Mälzin. Also brauchen wir Menschen mit diversen Sprachkenntnissen, die sich nicht durch frustreite und verletzte Menschen verunsichern lassen, die mutig genug sind in den Spiegel zu schauen und sich einzugestehen, ja ich bin voller Vorurteile, ich bin ein Rassist, ich hasse alle die nicht so sind wie ich, oder ich habe Angst vor anderen Kulturen. Diese Menschen sollten dann nicht an ihrer Sprache arbeiten, sondern an ihren Überzeugungen. Dann macht alles ein Sinn und dann wird es völlig egal sein, ob wir gendern oder auch nicht, ob wir Frauenquoten einführen oder auch nicht, ob wir englisch, deutsch, spanisch, französisch, portugiesisch, slowenisch, kroatisch, rumänisch usw., sprechen oder auch nicht. Dann wird jede und jeder es ganz genau verstehen, wenn jemand zu jemanden anderem sagt: ich liebe dich oder du bist ein Arschloch. Das gute daran ist, dass die Sprachen endlich ihre Ruhe haben werden. Das schlechte daran ist, dass die Menschen sich viel mehr wieder gegenseitig prügeln würden, aber das ist nicht so schlimm, denn es wird auch viel mehr geschmust werden.

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