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Die Macht der Konflikte

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Wer kennt sie schon, Karen Horney? Wohl kaum jemand, der nicht psychoanalytisch vorgebildet ist. Sie war eine außergewöhnliche Frau und eine Mitbegründerin der Neopsychoanalyse. Ihr berühmtestes Werk ist 1938 erschienen „New Ways of Psychoanalysis“. Es folgten viele Bücher und passend zum Thema Konflikte soll ein Buch erwähnt werden: Unsere inneren Konflikte: Neurosen in unserer Zeit – Entstehung, Entwicklung und Lösung.

Konflikte begleiten uns immer. Wir können ihnen nicht entfliehen. Wir können sie vermeiden, dass schon. Das ist genau was eine Vielzahl von Menschen immer und immer wieder tun. Konfliktvermeider gibt es wie Sand am Meer, gleichwohl ob Mann oder Frau. Dabei gibt es sehr viel Wissen und Erfahrung rund um das Thema Konflikte. Tausende von Fortbildungsnagebote zum Thema Konfliktlösungsstrategien, super gescheite Halbwahrheiten, wie Konflikte genutzt werden können, welches Potential in Ihnen steckt. etc., etc. Würden diese Ansätze etwas taugen, dann hätten wir sicher einen besseren Zugang zu Konflikten. Wir würden in der Tat von ihnen profitieren, sie für unsere persönliche und gesellschaftliche Weiterentwicklung nutzen können. Das tun wir aber nicht! Im Gegenteil, wie so oft rennen viele von uns Menschen von Fortbildung zu Fortbildung, von Seminar zu Seminar, von Workshop zu Workshop und hoffen auf Besserung – auf ein persönliches Weiterkommen. Alles verlorene Zeit, verlorene Mühe und verlorenes Geld. Denn eines vermeiden diese Menschen dabei ganz bestimmt. Um verständlich zu erklären was genau vermieden wird, kehre ich zu 1938 und zu Karen Horney zurück. Es geht grundsätzlich in erster Linie um den inneren Konflikt. Sie spricht von dem Tyranny oft the Should Prinzip, welches den inneren Konflikt zu den eigens gestellten Anforderungen und deren Nichterfüllung beschreibt. Die Folge ist: LEIDEN. Neurotisch wird die Situation erst dann, wenn versucht wird, die so entstandene Leidenssituation, mit anderen Ablenkungsmechanismen zu kompensieren. Das klingt vielleicht kompliziert, ist es aber nicht. Ich erkläre das an einem Beispiel.

Marta ist mit sich unzufrieden, weil sie sich nicht durchsetzen kann. Sie möchte wahrgenommen, gehört und respektiert werden. Sie möchte selbstsicher auftreten können und sich Gehör verschaffen. Sie besucht mehrere Fortbildungskurse zu allen möglichen Themen. Dabei lernt sie viel über Persönlichkeiten, Persönlichkeitsentwicklung, Angstbewältigung, Gruppendynamik, Führungsmethoden und noch vieles mehr. Den inneren Konflikt in ihr, wird sie jedoch nicht los. Sie hat sich viel an Wissen und Kompetenzen angeeignet, nicht aber gelernt, wie sie ihren inneren Konflikt lösen kann. Ihre Schuldgefühle sich selbst im Stich zu lassen, nicht geeignet auf viele alltags Situationen reagieren zu können, belastet sie nach wie vor. Ergo beschließt sie weitere Kurse zu besuchen, um endlich ihr Ziel zu erreichen. Sie kommt aber nicht wirklich ihrem Ziel näher. Enttäuscht beschließt sie dann an einer Selbstfindung zu arbeiten. Sie findet viele Angebote, die teilweise esoterisch sind. Auch diese nutzen ihr wenig. Als sie nicht mehr weiterweiß, begibt sie sich in eine psychotherapeutische Behandlung. Dort beschäftigt sie sich mit ihrer eigenen Entwicklung, mit den Umständen, die sie so haben Werden lassen, wie sie ist. Sie versteht, warum sie unsicher ist, sie weiß was bei ihr falsch gelaufen ist und warum der innere Konflikt sie quält, aber sie steckt irgendwie fest und kommt nicht weiter.

Diese neurotische Schleife ist typisch für viele Menschen. Interessanterweise vermeidet Marta durch ihr Verhalten tatsächlich ihre Weiterentwicklung voranzutreiben. Anstatt sich mit ihrem intrapersonalen Konflikt auseinander zu setzten, verschiebt sie den Konflikt auf eine externe Ebene. Sie geht ihren eigentlichen Konflikt aus dem Weg. Dabei verstärkt sie den Leidensdruck systematisch. Sie lernt alle Ebenen zu verstehen, sie weiß jetzt viel über sich und andere. Aber sie kommt trotzdem nicht an ihr Ziel.

Ich versuche das was mit Marta passiert, mit dem Phänomen der Psychosomatik zu erklären. Die Ursache einer psychosomatischen Krankheit lag ursprünglich in der Psyche – die Manifestation verlagerte sich nach und nach auf den Körper. Natürlich wird der Körper irgendwann mal krank und daher wird es auch zu einer körperlichen Erkrankung. Die Ursache war aber psychische Natur. Und hier ist ein weitverbreiteter Irrtum vieler Laien und Experten. Es ist nicht zielführend allein die Ursache zu behandeln und zu glauben, wenn man das tut, wird alles wieder gut. Mittlerweile ist der Körper krank und braucht keine Ursache mehr, um die Krankheit aufrecht zu erhalten. Daher ist es wichtig beides zu berücksichtigen – Psyche und Körper. Was tun wir in unserer Alltagswelt? Wir behandeln zunächst nur den Körper, die Symptomen sozusagen. Das entspricht dem Fort- und Weiterbildungswahn. Wenn alle Mittel ausgeschöpft sind, besinnen wir uns und packen die Psyche an – die wird jetzt für alles als schuldig erklärt, denn sie hat alles verursacht. Das entspricht dem Egotripp mit vielen Psychotherapien und sonstigen Hokuspokus Selbstfindungstrips. Keines dieser isolierten Maßnahmen wird langfristig Erfolg haben.

Aber was könnte helfen innere Konflikte beherrschen zu lernen?

Hier mein Vorschlag

Schritt 1: Ursachen erkennen

Es ist essentiell sich der inneren Konfliktsituation offen und ehrlich zu stellen. Das erfordert eine Menge Mut und Überwindung. Konflikte sind alles andere als angenehme Themen, denn sie zeigen uns unsere Grenzen auf und sind gnadenlos direkt zu uns. Wir müssen das aushalten, sonst haben wir wenig Chancen auf Erfolg.

Schritt 2: Plan erstellen

Was brauchen wir an Hilfestellungen, wir brauchen ein Plan. Was fehlt uns an Wissen und Kompetenzen, wo, wie und wann können wir diese erwerben. Wer kann uns dabei unterstützen – wir müssen nicht alles alleine umsetzten und bewältigen. Suche dir deine Helfer, aber bitte geeignete Helfer.

Schritt 3: Umsetzung

Der letzte, aber wichtigste Schritt. Setze sofort deine Bemühungen in Taten um. Warte nicht auf Wunder, sondern arbeite konsequent an deiner persönlichen Konfliktbewältigung. Lass dich nicht durch Rückschläge entmutigen. Du wirst ab und dann an dich zweifeln, aber das ist normal. Belohne dich, teile deine Fortschritte mit deinen vertrauten lieben Menschen und sei stolz auf dich. Umsetzung bedeutet im wahrsten Sinne des Wortes „verlassen der Komfortzone“. Daran wächst du, wenn du es richtig anstellst.

Die Belohnung: Konflikte können dich mächtig machen.

Wenn du die Macht besitzt, deine inneren Konflikte als Motor für deine Entwicklung zu nutzen, wirst du mächtig sein. Du wirst ganz anders in deinem Leben mit Angst und Belastungen umgehen können. Deine Handlungsmöglichkeiten werden reichhaltiger werden, genauso wie dein Leben selbst. Im Prinzip geht es darum die Tyrannei der eigenen Schuldgefühle durch die Handlungsfähigkeit zu aktiven Lebensgestaltung zu ersetzten. Konflikte werden dann deine willkommenen Gäste sein:

„Oh hallo – schön, dass du da bist, was kann ich für dich (mich) tun?“

 

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