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Die Tour ist vorbei

Gibt es auch als Podcast

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Die Zeit der Wunder auf dem Rennrad ist zurückgekehrt. Ich liebe Fakten und ich liebe Zahlen. Da bin ich nicht der Einzige, wie es scheint. Antoine Vayer war in den Neunzigerjahren Trainer beim Team Festina. Inzwischen ist er Physik- und Sportlehrer und einer der Vorreiter im Kampf gegen Doping im Radsport weltweit. Sein Team „WattTheFuck“ ist ein Horror für Investoren und Veranstalter. Er ist sehr unbeliebt oder besser gesagt sehr verhasst. Als Insider, weiß er wovon er spricht.

Ich habe einiges von ihm zum Thema Pogacar und Armstrong in Bezug auf die diesjährige Tour gelesen. Beide sind sich sehr ähnlich, mit dem kleinen Unterschied, dass Pogacar noch weitaus dominanter ist, als es damals Armstrong war. Die Art und Weise zu Argumentieren ist eins zu eins abgeschaut. Ein slowenischer Fahrer hat sogar die berühmte Maffia-Androhung von Armstrong übernommen, als er am Ziel den Sieg einfuhr. Die Geste, Maulhalten, oder dir passiert was war sehr eindeutig gegen jene gerichtet, die das System anprangern.

Zahlen und Fakten

Natürlich will Pogacar seine Leistungswerte nicht veröffentlichen. „WattTheFuck“ haben Berechnungen anhand der beobachteten Leistungen angestellt, die ich für sehr nachvollziehbar erachte.

Ein Topradfahrer um die 60-70kg Körpergewicht schafft maximal eine Dauerleistung von 5,8 W/kg. Wir reden hier bei einem Körpergewicht von 60 Kg eine mittlere Leistung von 351 Watt. Das ist eine physiologische Grenze, die durch Doping überwunden werden kann. Es gibt nicht so viel Talent oder Gene, die diese Grenze überschreiten kann. Bereits 6,15 W/Kg gelten als äußerst suspekt und 6,4 W/Kg als deutliche Zeichen von Doping. Achtung ich rede hier von einer mittleren Leistung. Die Spitzenwerte sind natürlich viel höher und erreichen oft weit über 15W/kg. Am besten kann man die mittlere Maximalleistung eines Sportlers an Bergetappen beobachten. Hier muss man nämlich ziemlich konstant powern. Dazu habe ich auch schon Beiträge verfasst. Dass leichtere Athleten dabei besser abschneiden, ist auch nachvollziehbar. Wenn aber jemand wie Pogacar so deutlich die Konkurrenz abzieht, dann weil er eben mit gut 0,6 W/Kg mehr powern kann. Das klingt nach nichts, was sind schon 36 Watt mehr im Schnitt. Tja, gerade das ist das tückische – das sind Universen! Wollen wir mal eine kleine Rechnung anstellen?

Athlet A (60 Kg schwer) fährt mit einer mittleren Leistung von 384 Watt eine Strecke mit 3000 Höhenmeter. Sein Rad wiegt 8 kg. Wie lange braucht er, um den Gipfel zu erreichen?

(*Annahme: kein Gegenwind, keine Rollreibung und sonstige Verluste)

Lösung: 1 Stunde 27 Minuten

 

Athlet B (60 Kg schwer) fährt mit einer mittleren Leistung von 351 Watt eine Strecke mit 3000 Höhenmeter. Sein Rad wiegt 8 kg. Wie lange braucht er, um den Gipfel zu erreichen?

(*Annahme: kein Gegenwind, keine Rollreibung und sonstige Verluste)

Lösung: 1 Stunde 35 Minuten

Wahnsinn, oder? Die paar Watts machen sagenhafte 8 Minuten aus. Wie ich bereits sagte, es sind Universen zwischen Pogacar und den Anderen. Zum Vergleich, habe ich habe mal meine Werte eingesetzt und berechnet. Ich würde an einem guten Tag mit meinem Rad unter gleichen Bedingungen 3 Stunden und 11 Minuten brauchen. 🙂

 

Wie wird heute gedopt?

Alle Radfahrer bekunden sauber zu sein, da sie ja ständig kontrolliert werden. Das ist richtig, die Kontrollen sind fast lückenlos nachweisbar. Also, wie soll trotzdem gedopt werden? Ganz einfach! Das Wundermittel heißt PFC (Polifluorocarbone) in Kombination mit synthetischen Hämoglobine. Beide Dopingmethoden sind als hochwirksam bekannt, werden aber nicht getestet. Es gibt sogar Nachweismöglichkeiten, sodass auch hier diese Sünder geahndet werden könnten – tut aber niemand! Warum das so ist, ist mir klar. Es geht um Geld, um sehr viel Geld. Natürlich werden nach wie vor Bluttransfusionen nicht aufgedeckt. Dopen ist alles andere als unmöglich und ganz ehrlich, die ganzen Institutionen, die das verhindern sollten, ein Witz. Die Argumente, es fehle an Geldmittel ist lächerlich. Es ist der fehlende Wille, weil „the show must go on“.

 

Mein Fazit

Leistungssport war, ist und wird ein Business bleiben. Mir tun die Athleten leid, die um ihre Leistungen betrogen werden. Mir tut der Sport leid. Die Leidenschaft und die Liebe zur Disziplin wird für ein Wirtschaftszweck vergewaltigt. Alles ist käuflich, alles ist Lug und Trug. Aber warum sich so aufzuregen, die Konsumenten wollen es ja nicht anders. Als ich ein kleiner unbedeutender Läufer war, trainierte ich hart. Es war sehr frustrierend bei Wettkämpfen an vierter oder fünfter Stelle das Ziel zu erreichen. Was hätte ich als junger Sportler gemacht, wenn man mir was um zu siegen angeboten hätte? Genau da liegt die große Gefahr im Leistungssport. Wir wollen siegen, wir wollen ganz oben stehen und gefeiert werden. Damit haben wir seitdem es Menschen gibt unsere Probleme und nichts dazugelernt. Wir vergleichen uns ständig mit anderen, wir orientieren uns an Konkurrenten, um uns zu definieren. Das treibt uns an besser zu werden. Manchmal denke ich, dass unser ganzes Leben nichts anderes ist als eine riesige Dopingfalle. Wir sind uns nicht genug, wird brauchen Zusatztmittel, um was zu sein. Was für eine riesige Lebenslüge.

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