Wer sich fit halten will, kann das durch Wandern sicher erreichen. Vor allem dann, wenn es den Berg hochgeht, wird viel Energie verbraucht. Oft lese ich in Foren, dass wir für 100 Höhenmeter ca. 100 bis 150 Kcal Energie verbrennen. Das ist mir doch etwas zu suspekt. Also gehe ich mal der Angelegenheit auf den Zahn.
Was will ich wissen?
- Welche Arbeit benötige ich, um ein Berg zu erklimmen; z.B. 1200 m mit durchschnittlich 20-25% Steigung und wie viele Kcal verbrenne ich dabei und wovon ist der Verbrauch abhängig?
- Was für eine Leistung muss ich bringen, um in einer gewissen Zeit oben zu sein (Höhenmeter pro Stunde), kann ich schnell eine Referenzgröße angeben, um mich mit anderen zu vergleichen?
Erste Frage
Die ist sehr einfach zu beantworten. Für die Ermittlung der benötigten Höhenarbeit braucht man sehr wenige Infos; Gewicht und Gesamthöhe, mehr nicht. Die Formel ist supereinfach:
Arbeit = Masse*Erdbeschleunigung*Höhe (Erbeschleunigung=Gravitationskonstante= 9,81 m/s2)
Das Ergebnis erhält man in Joule (J). Will man die bekannteren Kilo-Kalorien verwenden, dann ist die Umrechnung auch sehr einfach. Man muss das Ergebnis mit einem Faktor von 4186 teilen und schon ist die Umrechnung perfekt.
Mein Beispiel:
Masse: 67Kg; 1200 Höhemeter; (67*9,81*1200 = 788724 J = 188 Kcal). Das ist aber komisch, nur 188 Kcal, so wenig kommt da raus?
Das ist wirklich so. Die reine Arbeit, um mich da rauf zu hieven ist nicht größer. Da ich aber viel mehr Energie für andere Körperprozesse nebenher benötige, brauche ich auch viel mehr Energie. Der Mensch ist nicht sehr Energiefreundlich und verbraucht dementsprechend. Würden wir nach Energieeffizienzklassen beurteilt werden, dann wären wir Schlusslichter. Bestenfalls schaffen wir 30% Wirkungsgrad. Normaltrainierte schaffen um die 20%. Also verbrauchen wir 5-mal mehr Kcal um da hochzukommen. In meinem Fall sind das 940 Kcal. Ich rechne also mal mit gut 1000 Kcal. für 1200 Höhenmeter. Verglichen mit den üblichen Angaben von 100 bis 150 Kcal für 100 hm, komme ich nur auf 833 Kcal. Also Vorsicht, nicht daran glauben, dass man nach einer Bergtour viel essen darf.
Eine weitere Frage ist, ob die Geschwindigkeit, mit der ich hochgehe, mein Verbrauch ändert. Die Antwort ist ja, denn wenn ich übertreibe, sinkt mein Wirkungsgrad. Die Höhenarbeit bleibt aber immer die gleiche. Ich werde nur uneffektiver.
Zweite Frage
Das betrifft meine Performance. Je mehr Power ich habe, desto schneller kann ich den Gipfel erreichen. Die Arbeit da hoch bleibt die gleiche. Die Power wird in Watt (W) gemessen und ist nichts anderes als Arbeit geteilt durch Zeit. Will ich die 1200 Höhenmeter in 1:30 schaffen, dann bedeutet das, ich will pro Stunde 800 Höhenmeter schaffen – sehr motiviert:
Power= Arbeit/Zeit (788724/5400s) = 146W Achtung: Zeit in Sekunden angeben und Arbeit in Watt*Sekunden
Hier zeigt sich die erste Erkenntnis. Wenn ich am Ergometer 90 Minuten mit 150 Watt durchhalte, dann könnte ich das schaffen. Ansonsten sollte ich meine Ziele niedriger setzten. Normale Wanderer schaffen 400 Höhenmeter pro Stunde. Das ist für mich kein Problem, denn 75 Watt schaffe ich mit links.
Fazit für Frage 2
Will ich mich in meiner Performance einstufen, dann muss ich zwei Größen berücksichtigen, nämlich, mein Gewicht und die Höhe pro Zeit, die ich schaffe. Um das Gewicht zu relativieren und damit man sich mit anderen vergleichen kann, muss man eine neue Größe definieren. Leistung pro kg.
Ein Beispiel:
Das ist die Berechnung meiner Werte und für die gleiche Tour für Edith. Ganz unten steht die Leistung pro Kg mit 2,18 W. Will ich mich mit meiner Frau vergleichen, dann werde ich folgendes feststellen. Beide brauchen die gleiche Leistung pro kg (2,18W). Weil sie aber leichter ist, braucht sie weniger Watt als ich um das gleiche Ziel zu erreichen. Sie verbraucht auch weniger Sprit (Energie). Insgesamt sind leichtere Menschen sparsamer, vor allem beim Klettern. Nimmt man ein Mensch mit 95 kg Gewicht, dann muss er fast 210W Dauerpower bringen, um gleich schnell oben zu sein. Das bedeutet, er oder sie muss mehr Muskelmasse haben, denn Fett ist hier tödlich.
Referenztabelle: Effektive ∅Leistung / Höhenmeter pro Stunde
(gilt nur für reine Höhenarbeit und Steigungen um 20-25%) Zusatzgewicht wie Kleidung, Verpflegung usw. muss zum Körpergewicht dazugezählt werden. Die Berechnung ist einfach: Effektive ∅Leistung(W/Kg) = 9,81*Höhenmeter/3600s. Für Läufer im Leistungsbereich sind 1500 Höhenmeter pro Stunde für ambitionierte Sportler möglich. Profis können so um 5 bis 5,5 W/kg leisten. Das sind schon gewaltige Unterschiede. Die würden 2000 Höhenmeter in der Stunde schaffen.
Die Megaprofis / Bestenliste Herren – Hm in 24 Stunden
Ekkeahrd Dörschlag: 17.476 Hm (2007)
Florent Perrier: 18.255 Hm (2011)
Mike Foote: 18.654 Hm (2017)
Lars Erik Skjervheim: 20.993 Hm (2018)
Kilian Jornet: 23.486 Hm (2019)
Und eine Wahnsinnsdame: Malene Blikken Haukoy 15.440 Hm (2018)
Hier kann jede und jeder prüfen, ob die Leistungen für die Ziele passen. Einfach gewünschte Höhe wählen und mit Eigengewicht multiplizieren. Danach am Ergometer 10-15 W mehr für die gewünschte Zeit powern.
Aber was ist mit dem Runterlaufen? Hier haben es Menschen schwer, wenn sie nicht am Rad sitzen. Dummerweise können wir nicht die gesamte Höhenenergie, die wir beim Steigen investiert haben, wieder zurückerobern. Wir müssen dauernd bremsen und das kostet auch viel Muskelkraft. Wieviel? Uff, keine Ahnung – es kommt sehr auf die Konstitution und Kondition an. Eines ist aber klar. Hier haben es leichtere Menschen sehr viel einfacher als schwere. Was aber dringend notwendig für ein verletzungsfreier Abstieg ist, ist eine gute Haltemuskulatur an Füße, Beine und Rumpf. Nicht zu vergessen ist eine gute Technik. Meistens ist man schon vom Aufstieg müde und dann passiert es. Ich glaube die meisten Unfälle geschehen beim Absteigen.
Ich würde empfehlen sowenig Gewicht wie nur nötig hoch- und wieder runterschleppen. Oft sehe ich sehr zierliche Frauen und Männer mit riesigen Rücksäcken hochkraxeln. Zehn kg zusatzgewicht sind für eine 50kg schwere Frau zuviel. Sie muss dann 20% mehr Leistung powern. Anders ist es, wenn sie viel fitter als ihr Mann sein sollte. Das ist bei mir der Fall. Daher versuche ich meine Liebste mit Zusatzgewicht auszubremsen. Das hat aber auch Nachteile – sie wird immer fitter und ich dicker (: