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Montagsgedanken

Der Lebensweg ist Mühsam

Es ist wieder soweit. Eine neue Woche bricht an, mein Kalender ist voll mit Verpflichtungen gefüllt, die kommende Woche ist verplant. Es gibt soviel zu tun, das meiste davon ist selbst auferlegt. Da gibt es aber auch diese anderen Termine und Verpflichtungen, die nicht von mir bestimmt wurden. Wie auch immer, das alles ist erträglich. Weit weniger erfreulich sind die Aufgaben, nämlich die, die mich verfolgen und ich nicht eingetragen habe. Es gibt soviel was ich tun müsste, was ich dringend erledigen sollte, was ich schon seit langer Zeit vor mir herschiebe und einfach nicht auf die Reihe bekomme. Montags gelingt es mir weniger gut, diese bösen Gedanken zu verdrängen. Dabei würde es mir so guttun, diese Last von meiner Seele loszuwerden – ich meine diese Gedanken.

Montags träume ich gerne von einer Befindlichkeit, die ich als die totale Sorglosigkeit bezeichne. Nichts ist zu erledigen, mein Leben ist komplett geordnet, mein Schreibtisch lehr gearbeitet und mein Körper fühlt sich total entspannt an. Ich stelle mir vor, wie es wäre, jede einzelne Nacht durchzuschlafen, nach täglicher entspannter Bewegung in einer traumhaften Landschaft und mit einer gesunden, köstlichen und abwechslungsreichen Ernährung aufzuwachen. Ich stelle mir diesen ausgeglichenen, ausgelassenen Zustand für den Rest meines Lebens zu genießen vor. Keine Ängste, keine Sorgen und keine Verpflichtungen zu haben, ja, das wäre mein Traum.

Ist es das, was man so unter „Aussteiger“ versteht? Ist es die romantische Vorstellung von unbegrenzter Freiheit, sämtliche Last, sei diese materiell oder von sonstigen zwangsbedingten Faktoren, loszuwerden. Ich glaube viele von uns träumen ab und dann davon. Wir wollen Abhängigkeiten loswerden, verschaffen uns aber tagtäglich durch unser Tun neue dazu. Das ist unsere Weltordnung, den Preis, den wir für unsere vermeintliche Sicherheit und Wohlstand bezahlen. Das dabei viele Mitmenschen auf der Strecke bleiben, ausgenutzt und missbraucht werden, dass verdrängen wir ebenfalls. Erst gestern habe ich ein Vater und Lehrer sagen hören, dass er jeden Tag viel in seinen eigenen und anderen Kinder investiert, damit aus ihnen mal was Vernünftiges wird. Ist das was wir anstreben sollten, was Vernünftiges zu werden? Ach, ihr lieben und gleichzeitig so verhassten Montagsgedanken, warum zerbreche ich mir den Kopf über euch? Ich hätte es viel lieber, wenn wir in unserer Welt für mehr Zufriedenheit und Glück investieren würden. Was bin ich in der Schule gequält worden. Ich habe so viel Mist lernen müssen, unnützes Zeug, dass mich nicht die Bohne interessiert hat. Ich habe so viele Klassenarbeiten schreiben müssen, die meine Seele vergiftet haben. Ich habe so viele Lehrer und Lehreinnen erlebt, die sich durch fachliche und menschliche Unfähigkeit ausgezeichnet haben. Ich habe direkt neben der Pädagogischen Uni studiert und mir die künftigen Lehrer und Lehreinnen genauer angeschaut. Kaum jemand war dort, weil er es wirklich wollte, sondern weil er oder sie was anderes nicht bekommen haben. Ist das was wir unter was „vernünftiges werden“ verstehen, das zu tun, weil wir nichts anderes bekommen haben?

Das Leben in dieser Welt hat mich müde gemacht. Es ist anstrengend zu Leben. Wisst ihr, als ich von meiner ersten schweren Operation aufwachte, dachte ich: oh je, wenn ich mich jetzt nicht ganz ruhig verhalte, mich wirklich ausruhe und ganz langsam erhole, dann sterbe ich auf der Stelle. Da wurde mir klar, wie mühsam das Leben ist. Ich lag einfach nur da, unfähig etwas zu tun, um abzuwarten, was als nächstes kommen würde. Die Schwäche meines Körpers war ein Sinnbild meiner Seele. Ein Menschenleben ist ein sehr anstrengendes Leben. Diese unendliche Müdigkeit, die sich ausbreitete, zeigte mir sehr wohl, dass ich nicht umsonst dort nahe am Abgrund lag. Andere Menschen werden depressiv oder bekommen ein Burnout. Viele Menschen leiden an krankhaften Angststörungen. Bei den nächsten Operationen wusste ich was auf mich zukommt. Entweder du reißt dich zusammen und schaust das du wieder auf die Beine kommst, oder du gehst unter. Ja, die Meisten von uns sind was Vernünftiges geworden. Wir kämpfen weiter, tun unser Bestes und beißen die Zähne zusammen.

 

Nachwort

In vielen Ländern ist der primäre Wunsch von Kindern und Jugendlichen Youtuber zu werden. Das sind die neuen Held*innen unserer Welt. Ärztinnen, Piloten, Austronaut*innen sind out. Ihr seht, es hat sich kaum was geändert… oder doch? Um Youtuber zu werden braucht es was anderes als es für die alten Traumberufen der Fall war. Weniger lernen, weniger Können, besser aussehen und ich weiß nicht was sonst noch. Früher war der große Traum vieler Jugendlicher als Musiker berühmt zu werden, heute sind es eben die Yutuber. Berühmt sein, ja das wollen viele. Mein Gott, hoffentlich ist der Montag bald vorbei und ich kann wieder mein anstrengendes Leben ungestört weiterführen.

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