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Warum wir die Vergangenheit idealisieren

Diesen Beitrag gibt es auch als Podcast

Es ist ein bekanntes Phänomen, dass Menschen sich eher an schöne und positive Ereignisse der Vergangenheit erinnern. Das ist nichts anderes als ein Schutzmechanismus. Darüber gibt es viele Erkenntnisse, vor Allem in der Traumaforschung. Nijenhuis, van Hart, Steele beschreiben das Ausmaß der Trauma Erlebnisse in einem Drei-Ebenen-Modell. In der letzten Stufe werden negative Erlebnisse komplett ausgelöscht. Das bedeutet nicht, dass diese nicht mehr auf uns einwirken, sondern im Gegenteil, sie bereiten uns im Alltag über Jahrzehnte hinweg große Schwierigkeiten. PsychotherapeutInnen leben davon. Wie auch immer, dieses Vergessen von negativen und sehr bedrohlichen Erlebnissen ist zunächst eine Überlebenshilfe.

Früher war alles besser, das meldet uns unsere Wahrnehmung. Wenn wir alte Bilder und Filme betrachten, wenn wir an liebe Menschen von Damals denken, wenn wir an unsere Kindheit mitsamt Umwelt nachfühlen; es war eine bessere Welt. Ich würde allen Menschen raten, das nicht mehr zu tun und relativieren. Die Welt war früher anders, aber nicht besser. Da spielt uns unsere Psyche einen Streich. Gewisse Dinge waren besser, gewisse Umstände sicher auch, aber unter dem Strich, war sie nicht besser. Aus meiner Sicht ist es ein Nachteil oder eine schlechte Lebensstrategie die Vergangenheit zu idealisieren oder zu romantisieren. Unser Leben spielt sich gerade jetzt ab, die Vergangenheit kann ich beeinflussen. Ja wirklich, sie ist beeinflussbar! Solche Sprüche wie: du kannst das Geschehene nicht ändern, sind falsch. Du kannst sie in deiner Vorstellung ändern, denn du kannst sie neu bewerten. Jetzt schließt sich der Kreis, denn diese Bewertung findet im Hier und Jetzt statt, also in der Gegenwart. Erlebte Vergangenheit ist immer gegenwärtig, alles ist gegenwärtig, wenn wir es bewusst wahrnehmen.

Sollen wir daher die schönen Erinnerungen aus unserer Vergangenheit vermeiden und uns sagen, das war nicht so schön, sondern es ist nur meine heutige Vorstellung, die mir da was vorgaukelt? Ich plädiere für ein klares Nein, das sollen wir nicht. Gönnen wir uns den Romantizismus und genießen dieses wohlig warme Gefühl. Was wir tunlichst vermeiden sollten, ist unsere jetzige mit der damaligen Zeit zu vergleichen und dabei abzuwerten. Wir haben diese Fähigkeit zu unterscheiden und beides zuzulassen. Wir müssen uns nur verstehen, wie wir funktionieren.

Der eigentliche Grund, warum ich diesen Beitrag verfasst habe ist eine aktuelle Beobachtung, die ich gemacht habe. Viele Menschen neigen dazu, sich mehr in ihrer Vergangenheit zu befinden, weinen ihr nach. Ein großer Fehler – ganz ehrlich.

2 Gedanken zu „Warum wir die Vergangenheit idealisieren“

  1. das tue ich auch immer und immer wieder….die Verganngenheit aufleben lassen zu wollen und bringe mich dadurch immer wieder in die Frustrationszone rein.

    1. Wenn Verhaltensweisen sich zu Gewohnheiten festgesetzt haben, dann ist es besonders schwer diese loszuwerden. Stopp sagen, das will ich nicht mehr und stattdessen was anderes tun hilft dagegen. Es geht nur, wenn man konsequent übt – leider.

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